Samstag, 25. April 2009

Tag 24 Dublin - Glendalough

Wetter: Regen, Dublin 12° sonst 5 bis 9°
Tageskilometer: 69
Gesamt zurückgelegte Kilometer: 1878
Tages-Fahrzeit :4:02 h
Gesamte Fahrzeit: 106:59 h
Durchschnittsgeschwindigkeit: 17,1km/h
Tageshöhenmeter: 892
Gesamt Höhenmeter: 23895
Maximale Steigung 17%
Maximalpuls: 168
Durschnittliche Pulsfrequenz: 129


Der Plan für heute ist eine möglichst lockere Etappe mit um die 50km, was vielleicht nicht ganz so schonend ist, wie ein weiterer Tag in Dublin, aber dort habe ich eigentlich gesehen was ich sehen wollte, und so gewinne ich gleichzeitig etwas Strecke Richtung Süden.

Die Rezeptionistin, die mich auscheckt kommt aus Berlin, und wir plaudern noch etwas und ich bekomme noch ein paar Tipps für meine Route. Mein Hinterreifen hat unterdessen in den zwei Tagen doch deutlich Luft verloren, vielleicht ein schleichender Platten, mal schauen wie sich das entwickelt.

Es geht so flach aus der Stadt wie in Cardiff, allerdings nicht so schön. Die Ausfallstraßen sind zwar eher Autobahnen, aber praktisch bis zur Stadtgrenze mit einem begleitenden Fahrradweg versehen. Entgegen meiner sonstigen Gewohnheit benutze ich den auch, allerdings braucht man einen gesunden Magen, da er teilweise wirklich sehr schlecht ist. Überhaupt sind die Straßen insgesamt eher schlecht.

Nach ca. 15 Kilometern komme ich endlich aus der Stadt raus, allerdings ist es nicht ganz einfach der Autobahn zu entgehen, und riesige Schilder weisen explizit darauf hin, dass es verboten ist dort mit dem Fahrrad zu fahren.

Das erste Ziel sind die Powercourt Gardens, allerdings fahre ich dort nur vorbei, da das Wetter nicht zu einem längeren Spaziergang einlädt. Von dort geht es in die Wicklow Mountains. Da ich die großen Straßen verlasse und das Einzugsgebiet von Dublin verlasse, ändert sich der Verkehr schlagartig, und nur ab und zu kommt ein Auto vorbei.


Wie der Name schon sagt Mountains, es geht also erst mal recht steil bergauf, und dann folgt eine mittlere Steigung die sich über fast 20 Kilometer hinzieht. Die Landschaft ist sehr schön, zumindest das was ich davon sehen kann, da es teilweise stark regnet und recht diesig ist.



Bei Glencree, an einer interessanten, trotz Regen romantisch scheinenden Brücke treffe ich seltsamerweise auf einen deutschen Soldatenfriedhof. Laut Inschrift zum Gedenken an die gefallenen Soldaten im ersten und zweiten Weltkrieg. Es hängt dort eine deutsche Friedhofsordnung und alles ist sehr gepflegt und recht frische Kränze liegen dort. Ich hatte keine Ahnung, dass überhaupt deutsch e Soldaten hier während der Weltkriege in Irland gekämpft haben, offensichtlich auch mit und nicht gegen die Iren. Hm, das Bedarf der Recherche, es gibt zwar ein Visitorcenter, dass vielleicht ein paar Antworten verspricht, aber da kann ich nicht rein, da ich komplett nass und kalt bin, so dass ich danach elend frieren würde.



Also fahre ich erst mal weiter, es geht durch ein Hochmoor, und irgendwann erreiche ich tatsächlich das Ende der Steigung. Mittlerweile sind es nur noch 5° und auf der Abfahrt bläst mir heftiger Gegenwind entgegen, was die Fahrt deutlich verlangsamt. Ist mir aber ganz recht, denn durch den Regen ist die Bremswirkung natürlich nicht so gut wie unter trockenen Bedingungen und man kann eh nicht schneller wie um die 25 bis 30 km/ fahren, da es sonst in den engeren Kurven knapp wird.



Schließlich öffnet sich vor mir ein schönes, etwas wildes Tal, eingeleitet von einem kleinen Fluß, der sich den Hang hinunterstürzt. Die Abfahrt entlang des Tales entlastet etwas vom Klettern vorher, allerdings werde ich durch den Fahrtwind und die Verdunstungskälte der nassen Klamotten doch ordentlich heruntergekühlt.
Ich hatte mich heute morgen gegen Handschuhe und Trikot entschieden, was sich als suboptimal erweist.



Anyway, am Ende der Abfahrt ist es noch ein Kilometer bis Glendalough. Auf dem Weg dorthin sehe ich schon meine potentielle Unterkunft. Fahre aber erst mal bis zum Visitorcenter. Aus dem gleichen Grund wie in Glencree verzichte auf den Besuch innen drin und den Videofilm, sondern fahre stattdessen soweit es geht etwas von dem Rundweg mit dem Fahrrad. Da entlang zu wandern kommt aus dem gleichen Grund ebenfalls nicht in Frage.



So fahre ich zurück zum B&B, das zu einem Restaurant gehört. Gegenüber gibt es eine Tankstelle mit Shop, also perfekt. Der Preis ist aktzeptabel, ich bekomme ein kleines Appartment damit ich mein Fahrrad mit rein nehmen kann, was die Gelegenheit zum Kette ölen usw. bietet.
Das Restaurant ist mir etwas zu gehoben, so dass es recht teuer ist (vielleicht aber auch nicht, denn in Dublin war das Essen genauso teuer) und die Portionen recht klein. Anyway im Tankstellenshop hole ich mir noch ein paar Kleinigkeiten und dann das übliche Essen und im Bett liegen. Zum Glück läuft im TV Snooker WM.
Ich hoffe das hört bald auf und ich kann mal wieder richtig was unternehmen.

Freitag, 24. April 2009

Tag 23 Dublin

Ruhetag

Das ganze Zeugs aus der Apotheke bringt nichts, und so besuche ich als weitere Attraktion einen irischen Arzt. Ich muss nicht lange warten und die Wartezeit ist gut zu überbrücken, da es im Wartezimmer einen Fernseher gibt, in dem mehrere Folgen „Friends“ laufen...

Ich bekomme endlich mein Antibiotikum und noch ein Asthmamittel, und nach einem netten Plausch zahle ich 55,- Euro für die Konsultation. Der Doc meinte hier in Irland wäre die medizinische Versorgung teuer, ich würde sagen auf keinen Fall teurer wie in Deutschland. Vor allem die Medikamente sind im Vergleich hier recht günstig.


Anyway, ich weiß nicht ob sich schon mal jemand so über ein Antibiotikum gefreut hat, aber an meinem neuen Lieblingsplatz im Burger King gibt’s Cola und Tabletten zum zweiten Frühstück, und nachdem ich mir eine Regenjacke im Hotel geholt habe, denn mittlerweile ist das Wetter „irisch“, schlendere ich etwas durch den nördlich des Flusses gelegenen Teil.

Hier gibt’s einige Shoppingmöglichkeiten und die Ausstellung Bodies. (bei uns als „Körperwelten“ bekannt)
Der Eintritt ist mit 24 Euro kein Schnäppchen, aber wirklich lohnenswert. Mich interessieren natürlich besonders die Beinmuskulatur und die Knie...Obwohl ich kein Blut sehen kann, und mir bei Krankengeschichten regelmäßig schlecht wird, halte ich ganz gut durch. Besser kann man über das innere des Körpers eigentlich nicht lernen. Die Präsentation ist klasse.


Neben ausreichend essen ist heute eher relaxen angesagt, und so versuche ich dem Regen zu entgehen und fahre mit dem Taxi zur National Gallery. Dummerweise hat der afrikanische Taxifahrer mit dem schönen Nachnamen Nwanze keine rechte Ahnung wo die ist. Nach Telefonat mit seinem afrikanischen Kollegen, schafft er es immerhin mich auf ca. 100m an die Gallery heranzubringen.

Der Eintritt hier ist frei, und es gibt einige Highlights zu bestaunen. Neben Caravaggios „Die Gefangennahme Christi“ für mich vor allem zwei Bilder von Vermeer und einem italienischen Maler des 18. Jh. dessen Namen ich mir auch nach drei Versuchen nicht länger als 3 Minuten merken konnte.
Außerdem spannend Jack B. Yeats, ein irischer Maler, Anfang 20. Jh. dem ein eigener Bereich gewidmet ist.

Den Rest des Tages verbringe ich im Bett und hoffe, dass die Medikamente anschlagen...

Tag 22 Dublin

Wetter: meist sonnig
Tageskilometer: 5
Gesamt zurückgelegte Kilometer: 1809
Tages-Fahrzeit :0:17 h
Gesamte Fahrzeit: 102:57 h
Durchschnittsgeschwindigkeit: 16,8km/h
Tageshöhenmeter: 22
Gesamt Höhenmeter: 23003
Maximale Steigung 10%
Maximalpuls: --
Durschnittliche Pulsfrequenz: 168

Nach der Nacht auf der Fähre tut die frische Luft beim „disembarking“ erst mal sehr gut. Ich habe zwar keine Fahrradklamotten an, aber der Nautica Fleecepulli hält auch den Wind etwas ab, so dass es trotz Temperaturen zwischen zunächst 7 und 10° kein Problem ist mit dem Fahren.

Bis ins Zentrum sind es so etwa 5 Kilometer, auf denen ich schon mal mitbekomme, dass hier verkehrstechnisch ein anderer Wind herrscht.


Der Nebel verzieht sich so langsam und die Sonne geht auf, so dass Dublin erfrischend sympathisch wirkt. Ich hatte mir das irgendwie eher „knorrig“ vorgestellt. Keine Ahnung warum, wahrscheinlich weil ich Dublin immer mit den Covern der Dubliners Platten assoziiere. Aber dafür reist man ja, um sich selbst vor Ort einen Eindruck zu verschaffen.




Ziemlich schnell habe ich auch mein Hotel gefunden, das ich gestern noch online gebucht habe. Liegt recht zentral. Und als ich mein Gepäck dort abstellen will kann ich zu meiner Freude schon einchecken, morgens um 7 Uhr!!

So kann ich endlich duschen... Schlafen lege ich mich nicht, sonst kommt man so durcheinander. Stattdessen beschließe ich erst mal den Südteil der Stadt zu erkunden. In der Cafeteria des Trinity College gibt’s ein kleines Frühstück, und nachdem ich mir die Dawson Street und die Grafton Street angeschaut habe und etwas durch den Park St Stevens Green geschlendert bin, kommt der erste Höhepunkt des Tages, die Old Library des College.





Hier ist u.a. das Book of Kells präsentiert und natürlich gibt es den Longroom zu besichtigen, einen langen und hohen Raum, Kern der alten Bibliothek in dem viele alte Preziosen aufbewahrt werden. Bibliotheken liebe ich eigentlich noch mehr wie Kathedralen... Bibliotheken in dieser Form sind ja sowas wie Kathedralen für Bücher. Wobei ich zugegebenermaßen mehr auf aktive Bibliotheken stehe, wo man sich mitten im „Wissen der Welt“ befindet, alles nur einen Handgriff weit weg. Die sehen meistens aber nicht so beeindruckend aus.

Wie auch immer, vom College gehe ich am Merrion Square entlang, auch ein schöner Park, wo es eine etwas andere Statue von Oscar Wilde zu bestaunen gibt. Lässig.


Auf meinem Weg Richtung Osten, vorbei am Nationalmuseum, dass leider wegen Renovierung größtenteils geschlossen ist, zu den Kathedralen komme ich an drei Fahrradgeschäften vorbei. In eins gehe ich auch mal rein, aber mein Material hat's bis jetzt so gut getan, das mir nichts einfällt was ich kaufen könnte.

Die St. Patricks Cathedral ist natürlich Pflichtprogramm.




Fällt etwas ab gegen die englischen Kathedralen die ich mir bis jetzt angeschaut habe, aber mein Durst ist noch nicht gestillt, und so schaue ich mir die Christchurch Kathedrale ganz in der Nähe natürlich auch noch an.



Hier kann man auch die Krypta besichtigen, wo es ordentlich Gold und Silber zu bestaunen gibt. Im, durch eine Brücke mit Kathedrale verbundenen Haus, gibt es die Dublina zu sehen, mit einer Ausstellung zu den Wikingern in Irland und einer zum mittelalterlichen Leben hier. Ganz interessant aufbereitet. Und man kann hoch auf den Turm, so dass man etwas Aussicht auf die Stadt hat.


Auf dem Weg zurück ins Zentrum nehme ich noch das Dublin Castle mit, das aktuell noch für repräsentative Zwecke verwendet wird. Hier gibt’s eine gut halbstündige Führung die recht interessant ist und auch ein bisschen Info zu Irlands politischer Struktur und Historie bietet.







Insgesamt lege ich doch einige Meilen zu Fuß im Teil südlich des River Liffey zurück und vergesse dabei den Sonnenschutz den ich beim Fahrradfahren natürlich immer habe, so dass ich es im Hotel angekommen doch ganz schön merke, dass der Haarwuchs auf dem Kopf nicht mehr so üppig ist. Auf dem Heimweg mache ich Station im Burger King der an der O Connel Street einen ähnlich guten Blick auf das Getümmel der Stadt bietet wie der Burger King am Picadilly Circus in London.

Überhaupt Getümmel. Die Stadt zeichnet sich durch auffällig breite Straßen und Boulevards aus. Aber wenn man mal stehen bleibt um ein Foto zu machen wird man regelrecht umgerannt. Es herrscht eine eilige Strebsamkeit, der Straßenverkehr ist ein wahrer Kampf. Nicht chaotisch, aber man muss sehen wo man bleibt, egal ob als Fußgänger, Autofahrer oder auch Fahrradfahrer, von denen es hier einige gibt. Die paar Radwege die hier und da gezeichnet sind haben in der Praxis wenig Bedeutung.

Äls ich z.B. morgens gegen acht in die Stadt schlendern will zeigt sich mir ein seltsames Bild. Ich habe ja schon einige Städte aufwachen sehen, aber dass die Menschen die Arme an der Seite, Handflächen nach vorne gewandt, mit stechschrittartigem Gang durch das Gewühl hetzen, war erst mal sehr irritierend. (nicht alle aber sehr viele)

Die attraktivste Sehenswürdigkeit für mich ist übrigens „the Spire“. Eine riesige 126 Tonnen schwere, 120 Meter hohe und 4 Millionen Euro teure, sich nach oben verjüngende Säule aus Edelstahl, die mitten auf der O Connell Street in den Himmel ragt.





Nachmittags probiere ich die neuen Grippenmittel und den Hustensaft aus den ich mir in der Stadt gekauft habe und versuche ein bisschen zu schlafen. Abends geht’s dann in den Temple Bar Stadtteil, irisch essen und zum Abschluss gibt’s im Pub natürlich ein Guinness. Auch wenn's scheußlich schmeckt.

Dienstag, 21. April 2009

Tag 21 Aberdovey - Holyhead

Wetter: bewölkt, diesig 10 bis 13°
Tageskilometer: 144
Gesamt zurückgelegte Kilometer: 1804
Tages-Fahrzeit: 6:36 h
Gesamte Fahrzeit: 102:40 h
Durchschnittsgeschwindigkeit: 21,8km/h
Tageshöhenmeter: 1267
Gesamt Höhenmeter: 22981
Maximale Steigung 22%
Maximalpuls: 152
Durschnittliche Pulsfrequenz: 127

Als ich morgens aufwache würde ich am liebsten noch einen Tag in Aberdovey bleiben. Das Zimmer ist klasse, aus dem Bett kann ich auf's Wasser schauen, die Leute sind extrem nett, und das Frühstück ist auch gut.

Ich fahre natürlich trotzdem weiter, denn schließlich habe ich noch einige Stationen vor mir. Ich fahre die A493 nordwärts, und es läuft sehr gut, die Landschaft ist fantastisch, die Straße gut, und das Wetter eigentlich auch. Auch wenn die Landlady heute morgen meinte „it's freezin'“ als sie vom Zeitung holen kam.

Erster Blick auf die Hügel des Snowdonia Nationalparks:



Es stellt sich heraus, dass es einen kleinen Weg neben der Eisenbahnstrecke gibt, der über den Mawddach Sund führt, so dass ich nicht die ganze Strecke bis Dolgell fahren muss. Auf der anderen Seite sitzt einer in einem Kassenhäuschen und knöpft mir ein Pfund für das Überqueren der Brücke ab. Die Aussicht von der Brücke ist allerdings toll.


Zweiter Blick auf die Hügel des Snowdonia Nationalparks:


Und so bin ich unverhofft schnell in Barmouth. Das hier Darwin viel an seinen wichtigsten Werken gearbeitet hat, merkt man in der Stadt nicht, nirgendwo ein Hinweis, eher ungewöhnlich. Barmouth selbst ist allerdings ein tolles Seebad, und hat wahrscheinlich von allen britischen Seebädern den längsten Strand. Kilometerlanger Sandstrand.



Weiter Richtung Norden läuft es unglaublich gut. Die Straße ist fantastisch. Ich habe ständig den Titel eines Buches im Kopf, dass ich irgendwann mal besessen habe: „Traumstraßen Großbritanniens“.


Das hier ist auf jeden Fall eine davon. Ich verlasse die 496 kurz um einen Abstecher nach Harlech zu machen. Hier gibt’s ein für die walisische Geschichte bedeutendes Castle zu besichtigen, aber auch der riesige breite Sandstrand der Tremadog Bay mit der dahinter liegenden Dünenlandschaft ist trotz des Wetters beeindruckend.





Mein Ziel ist allerdings Caernarfon, wo das am besten erhaltene mittelalterliche Castle vielleicht ganz Europas zu sehen ist. Dort fand übrigens 1969 die Investitur von Prinz Charles zum Prince of Wales statt.

Auf dem Weg dorthin mache ich auch einen Abstecher nach Portmeiron. Zunächst geht es wieder über eine Eisenbahnbrücke, diesmal soll das Fahrrad 30 Pence kosten, aber die freundliche Kassiererin winkt mich durch.

Ich bin zunächst etwas verwirrt, denn als ich glaube den Ort erreicht zu haben sieht alles aus wie in den anderen Orten auch. Dabei soll hier doch ein italienisches Dorf in Wales stehen. Hm, seltsam, vielleicht eine englische Interpretation des Themas Italien, der ich nicht so richtig folgen kann. Es stellt sich aber heraus, dass kurz hinter dem eigentlichen Ort eine, laut Baedeker „Ferienkolonie im italienischen Stil mit Häusern in mediterranen Farben“ liegt. Sie zu erreichen kostet mich einige Höhenmeter und der Eintritt ist mit 7,90 GBP recht happig. Um so größer ist meine Enttäuschung. Zwar liegt die Anlage ganz nett in einer Bucht, aber die ganze Küste ist hier so schön, und die Häuschen erinnern mich so ein bisschen an Lego- oder Disneyland. Sorry aber das ist nicht so meins. Interessanterweise, sind hier mehr Touristen als an allen Orten an denen ich bisher war zusammen.



Ich fahre also gleich wieder weiter, die knapp acht Pfund hätte ich mir sparen können. Vor allen Dingen weiß ich nicht wie lange das Castle in Caernarfon auf hat, und würde es gerne heute noch sehen, denn morgen öffnet es bestimmt nicht vor halb zehn, und dann kann ich erst so spät weiterfahren.

Die Strecke ist nicht ganz so flüssig wie der bisherige Teil, es gibt ein paar mehr Höhenmeter, aber ich halte ganz gut drauf, und auch wenn's zwischendurch doch recht anstrengend ist, schaffe ich es doch zwanzig vor vier am Castle zu sein. Insgesamt habe ich die ersten 98 Kilometer des Tages mit einem Schnitt von über 22 Km/h zurückgelegt, was für Wales doch ganz gut ist.

Das Castle ist schon recht beeindruckend und man kann überall drin herumklettern, hat sich also gelohnt. Die ganze Stadt ist ganz interessant, allerdings auch nur so zum durchfahren und anschauen, eine Nacht muss ich hier eigentlich nicht verbringen.




Der (bescheidene) Thron des aktuellen Prinz of Wales:




So beschließe ich weiterzufahren Richtung Holyhead, damit ich es morgen nicht so weit habe. Ab jetzt gibt es deutlich mehr Steigungen und auch der Verkehr nimmt zunächst deutlich zu.

Meine Wasservorräte hatte ich nicht mehr aufgefüllt, und auch nichts gegessen, da hier sowieso alle paar Kilometer eine Gelegenheit zur Nahrungsaufnahme ist. Ich hatte allerdings nicht damit gerechnet, dass auf der zweispurigen Schnellstraße, die von Bangor nach Holyhead, so gut 20 Meilen führt nichts, aber auch gar nichts kommt. Weder eine Servicestation, noch gibt es einen Ort, der mit dem Fahrrad gut zu erreichen wäre. So bringt es auch nichts abzufahren.

Die letzten drei Schlucke teile ich mir noch ein, aber dann sind alle Flaschen leer. Durch die Erkältung ist der Hals immer extrem trocken, und ich habe noch fast dreißig Kilometer bis Holyhead. Eigentlich wollte ich gar nicht so weit fahren, aber es gibt nichts was sich zur Übernachtung anbietet.
Also, nix zu Trinken, nichts zu schlafen, dann bleibt nur durchziehen und entweder in Holyhead übernachten oder auf der Fähre schönen heißen Tee trinken.

Die langen Steigungen, die zwar nie über 5% hinausgehen, werden jetzt doch sehr anstrengend, und ich merke wie das Akkulämpchen immer wieder mal rot blinkt. Immer wieder scheint noch eine Hügelkette die Straße quer zu durchschneiden, so dass es keine langen Abfahrten gibt, so dass man Richtung Ziel rollen könnte.
Einen Riegel gönne ich mir noch, und als es noch etwas weniger wie 10 Kilometer sind, schraube ich nochmal alle drei Flaschen auf, und sauge die letzten Schluckeeher Tropfen, raus. Ich versuche mich damit zu motivieren, dass es die letzte Etappe in Großbritannien ist, und dann das Minimalziel der Reise, nämlich Dublin, fast erreicht ist.


Letztlich läuft es auch die paar Kilometer noch, und obwohl der Akku wirklich leer ist, komme ich in Holyhead an. Schon kurz vorher verdichtet sich der Nebel, und die Stadt selbst liegt völlig im Dunst. Düster und grau präsentiert sich der Ort.


Mir egal, ich fahre zum Fährhafen um zu sehen ob und wann eine Fähre geht. Der Ticketschalter macht erst in einer halben Stunde auf, so habe ich genügend Zeit mich im Cafe mit Orangensaft, Tee und Kuchen wieder in Normalzustand zu bringen.

Als der Ticketschalter wieder aufmacht ist es mit dem Normalzustand schnell wieder vorbei, denn zwar geht um 21:30 Uhr eine Fähre, aber man will mich nicht mitnehmen, weil ich kein Auto habe. Nur für Autos! Ich fange an zu diskutieren, und stoße auf die üblichen Argumente Sicherheit (es gibt keinen sicheren Weg auf's Schiff für Fußgänger oder Fahrradfahrer) und „das können wir gar nicht buchen, der Computer hat's nicht im System“.

Ich merke schnell, dass die Diskussion fruchtlos ist, die Dame von der Stenaline ist „höflich aber bestimmt“. So muss ich an den Schalter nebenan zu Irish Ferries. Die nächste Fähre geht aber erst um 2:30 Uhr. Was für 'ne blöde Zeit, zu spät um noch eine Übernachtung in Dublin zu nehmen, zu früh um gleich in Dublin zu frühstücken. Ich buche einfach trotzdem. Mein Motto bei Fähren lautet, immer erst mal rüberkommen, dann sehen wir weiter. Und Holyhead wirkt wirklich nicht einladend, ich will hier schlicht nicht übernachten. Dafür war Wales insgesamt zu schön.

Also setze ich mich zunächst ins McDonalds, selbst die Pubs sahen nicht so einladend aus. Und hier gibt’s auch WiFi, so dass ich auf der Stena Website schaue, ob ich nochwas online machen kann. Aber für mich und das Fahrrad wäre die nächste erst morgen um 10:30, also bleibt's bei der gebuchten Lösung. Ich nutze die Zeit und das WiFi um schon mal die Bilder ins Blog hochzuladen usw. Allerdings würde ich natürlich gerne duschen und frische Klamotten anziehen, aber das kann diesmal noch LANGE dauern...

Nachdem ich auch in der Cafeteria am Hafen noch etwas Zeit totgeschlagen habe geht’s um 12:30 zum Checkin in die Autoschlange. Aber obwohl ich mich vorne anstelle und als erster auf den Weg zum Terminal geschickt werde muss ich dort nochmal in die Wartelounge, weil erst die LKWs drankommen. Na wenigstens gibt’s dort einen Fernseher wo Snooker läuft.

Als es dann auf die Fähre geht suche ich mir gleich einen Platz zum Schlafen, aber leider ist auch ein Bus mit Fußballfans in der gleichen Bar und von denen will nur die eine Hälfte schlafen, und die andere eher quatschen, trinken und laut lachen. Schlimmer noch sind allerdings die Kinder die wohl auch mit zum Fußball durften. Ohne Aufsicht und um mittlerweile fast drei Uhr nachts völlig aufgedreht erzeugen die einen Geräuschpegel wie zwei startende Düsenjäger. Wenn es gesellschaftlich nicht so schlecht angesehen wäre würde ich denen allen am liebsten den Hals umdrehen. Mittlerweile bin ich doch völlig gerädert, schlafen geht aber nicht. Und bis ich morgen einchecken kann muss ich mich ja auch irgendwie über Wasser halten.

Wie auch immer, irgendwann gebe ich auf, gehe Frühstücken, Zähneputzen und schaue gespannt dem zweiten Abschnitt meiner Reise entgegen: Irland.