Samstag, 23. Mai 2009

Tag 53 Tongue – John o' Groats

Wetter: bewölkt meist Regen 10 bis 14°
Tageskilometer: 101
Gesamt zurückgelegte Kilometer: 4606
Tages-Fahrzeit :5:23 h
Gesamte Fahrzeit: 240:02 h
Durchschnittsgeschwindigkeit: 18,7 km/h
Tageshöhenmeter: 1257
Gesamt Höhenmeter: 51793
Maximale Steigung 11%
Maximalpuls: 155
Durschnittliche Pulsfrequenz: 127


Heute morgen geht es die 836 nach Osten. Dumm nur, dass der Wind über Nacht gedreht hat, und jetzt nicht mehr aus Westen, sondern aus Südost weht. Zwar sind es nur so ca. hundert Kilometer bis zum Tagesziel John o' Groats, aber mit locker rollen wird’s nix.

Das hatte ich auch nicht erwartet, denn schließlich bin ich immer noch in den Highlands, und so gibt es auch heute zunächst ordentlich Höhenmeter. Ich fahre bis Bettyhill und schaue mir dort das Strathenavemuseum an. Die Strecke bis dorthin ist klasse, nach der gestrigen Königsetappe gerade richtig, nicht zu spektakulär, aber doch tolle Landschaft.





Das Museum ist sehr klein und in einer alten Friedhofskirche untergebracht. Der Friedhof wird noch genutzt.



Es gibt dort auch ein Cafe, wo ich einen Tee und einen Scone zum zweiten Frühstück nehme. Alles sehr klein und familiär, so dass sich zwischen den wenigen Gästen (ein englisches Ehepaar, eine Gruppe schottischer Motorradfahrer und ein deutscher Fahrradfahrer) und dem Gastgeber ein lebhaftes Gespräch entwickelt.

Da ich im Reiseführer gelesen hatte, dass Thurso nach langem "Nichts" fast sowas wie ein Städtchen sei, frage ich den Gastgeber, ob es dort vielleicht ein Fahrradgeschäft gäbe. Gestern hat nämlich mein rechtes Pedal den Geist aufgegeben. Man kann zwar noch treten, aber das Lager ist völlig hinüber, und der Fuß steht etwas seltsam, und den Geräuschen nach zu urteilen blockiert es vielleicht bald ganz. Und siehe da, dort soll es tatsächlich sowas geben. Es ist Samstag ich sollte also sehen, dass ich vor drei dort ankomme, damit der Laden auch noch auf hat. Aber so richtig glauben, dass es ihn überhaupt gibt tue ich es erst wenn davor stehe. Denn das wäre schon ein glücklicher Zufall.

Auch bis Thurso gibt es noch ein paar Höhenmeter zu überwinden, vor allem aber auch die Kraft des Windes.





So bleibt der Schnitt insgesamt recht niedrig, aber ich erreiche rechtzeitig die Stadt, und es gibt tatsächlich das beschriebene Fahrradgeschäft. Auf hat es auch. Ich beschreibe kurz mein Problem, und eine viertel Stunde später fahre ich mit neuen Pedalen und Cleats davon.
So richtig schön ist Thurso nicht, aber auch nicht so schlimm wie es der Reiseführer beschrieben hat. Mir ist die Stadt natürlich jetzt in guter Erinnerung...

Bis John o' Groats sind es noch gut 30 Kilometer, und da der Wind manchmal etwas mehr nach Süd dreht, geht das Fahren eine Weile ganz gut.
Erstaunlicherweise ist die Landschaft hier jetzt völlig flach. Sowas habe ich das letzte mal auf der Bahnfahrt nach Calais gesehen. Es geht vorbei an einer Dünenlandschaft, und dann durch Felder und Weiden.





Die letzen Kilometer bis John o' Groats werden nochmal zäh, da der Wind wieder gedreht hat, und jetzt ziemlich genau aus Ost über die Landschaft peitscht. Die Regenhose hatte ich immer mal wieder auspacken müssen, für die letzten Kilometer lasse ich das aber, obwohl es immer mal wieder regnet.

Nachdem ich meine Unterkunft bezogen habe, will ich nochmal runter ans Meer und im Ort was kaufen, aber lasse dass dann lieber, denn mittlerweile stürmt und schüttet es, so dass ich die einzigen trockenen Klamotten nicht auf's Spiel setzen will.

Freitag, 22. Mai 2009

Tag 52 Ledmore – Durness - Tongue

Wetter: morgens bewölkt Regen 6 bis 9°, nachmittags trocken, teils sonnig, 12 bis 15°
Tageskilometer: 131
Gesamt zurückgelegte Kilometer: 4505
Tages-Fahrzeit :6:33 h
Gesamte Fahrzeit: 234:39 h
Durchschnittsgeschwindigkeit: 20,0 km/h
Tageshöhenmeter: 1813
Gesamt Höhenmeter: 50536
Maximale Steigung 15%
Maximalpuls: 163
Durschnittliche Pulsfrequenz: 123


Heute kommt eine echte Königsetappe! Es geht weiter nach Norden, Richtung Durness. Es ist recht kühl und die Klamotten sind im Zimmer über Nacht nicht trocken geworden. Frische Fahrradhose und -Shirt habe ich noch, aber bei den Schuhen gibt es keinen Ersatz. So dauert es bis zur ersten Steigung bis die Füße warm sind.

Das ist aber alles völlig egal, die Landschaft ist einfach grandios. Die Steigungen auch, aber alle machbar. Das Wetter ist zunächst etwas düster, passt aber perfekt zur Szenerie. Immer wieder fährt man eine fantastische Berglandschaft hinauf, und in ein noch spektakuläreres Tal wieder hinab.







Es war eine kluge Entscheidung gestern ein Stück zurückzufahren für die Übernachtung, denn erst mal gibt es nichts, dann schon aber „no vacancies“ oder geschlossen. Insgesamt fühlt sich dieser Streckenabschnitt recht wild an, da man meist völlig allein durch diese mächtige Landschaft fährt. Ab und zu mal ein Auto, so dass es auch kein Problem ist, dass die Straße, wie oft hier in den Northwest Highlands und auch auf den Hebriden, meist eine „single track“ Straße ist. D.h. ein Auto breit, und all paar hundert Meter eine Ausweichbucht, wo man den Gegenverkehr passieren lässt, oder den schnelleren Hintermann vorbei lässt.







Auch die Abstände zwischen den Besiedlungen sind für Fahrradfahrer groß. Selten mal ein Haus, und nach vierzig Kilometern gar fünf Häuser, zwei B&B, eine Tankstelle und ein Spar an einem Fleck. Das Spar nutze ich um einen Essensorrat für die nächsten 40 Kilometer zu besorgen, denn leider habe ich keine Energieriegel mehr, und auch kein Isopulver. So weiche ich aus auf Haferkekse und O- bzw. A-Saft.

Der Geldautomat im kombinierten Spar/Postamt/Bank Geschäft will mir kein Geld geben, die freundliche Dame meint die Telefonleitung sei heute sehr schlecht. So so. Das Leitungswasser, mit dem ich meine Flaschen aufgefüllt hatte schmeckt scheußlich bitter, so dass ich alles wegschütte und mir leckeres schottisches Quellwasser kaufe. Überhaupt, in ganz GB und Irland schmeckt das Tabwater eher nicht so toll (bis ganz schön widerlich).

Anyway, mit frisch aufgefüllten Vorräten geht es die nächsten Steigungen hoch. Nach jeder spektakulären Aussicht kommt garantiert eine die noch besser ist. Ein unglaubliches Gefühl der Weite stellt sich ein, schwer zu beschreiben, aber es fühlt sich an wie eine sehr sehr hohe Kathedrale ohne Dach, in der man mitten im Hauptschiff steht und deren mächtige hohe Wände sich nach außen hin wie eine Blüte öffnen. Wenn man jetzt langsam immer höher schwebt, erreicht man irgendwann den Punkt an dem man sich über das Bauwerk selbst erhebt, und dann etwas sieht was man sich vorher nicht mal vorstellen kann.


Nee ich habe keine Drogen genommen, aber ein besserer Vergleich fällt mir nicht ein. Wie auch immer, wenn ich zu diesem Zeitpunkt gedacht habe ich würde schon über der Kathedrale schweben, dann hatte ich mich arg getäuscht. Denn so ca. 15 Kilometer vor Durness beginnt eine kilometerlange Abfahrt, und ein mächtiges Tal öffnet sich vor mir. Es herrscht Westwind, ich fahre in Richtung nordost, es geht bergab, mittlerweile ist es trocken und ab und zu lugt die Sonne durch die Wolken... das ist besser wie fliegen, viel viel besser.




In Durness angekommen befinde ich mich „plötzlich“ bei kurzzeitig sonnigem Wetter an einer idyllischen Küste mit tollem Sandstrand.


Mein erstes Ziel ist hier das Touristoffice und das Spar mit Geldautomat. Ich buche meine nächsten Übernachtungen, denn es ist alles dicht, und so bekomme ich auch für heute nur noch ein DZ zum DZ-Preis, und auch erst nach viel Telefonieren der freundliche Dame hinter dem Tresen, denn der Computer gibt schon nichts mehr her.

Nach einem kleinen Mittagessen geht es zur Smoo Cave. Eine interessante Höhle, die zur einen Hälfte vom Meer geschaffen wurde, und zur anderen Hälfte von Süßwasser, nämlich durch einen Fluß, der sich dort in die Erde gräbt.
Zur Höhle steigt man zum Strand hinunter, und kann dann in den vom Meerwasser geschaffenen Teil gehen. Außerdem nutze ich die Möglichkeit für eine kleine geführte Tour mit dem Schlauchboot in den anderen Teil. Auf jeden Fall sehenswert.




Bis zur gebuchten Unterkunft in Tongue sind es so ca. 50 Kilometer und einige wirklich heftige Steigungen, aber meine Fahrt wird eher durch eine nicht enden wollende Abfolge von Fotostopps gebremst.





Mein gestriger „Unterkunftgeber“ meinte „Orkneys? Boring, where do you go? Edinburgh, aha, boring, the eastcost? could be anywhere.... This (und er meinte die Northwest Highlands) is real Scotland“


Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Königsabschnitt der Tour ganz klar.

Und eine ordentliche Unterkunft gibt's auch:

Tag 51 Scalpay – Stornoway - Ullapool - Ledmore

Wetter: bewölkt manchmal Regen morgens 7 bis 14°, nachmittags 12 bis 6°
Tageskilometer: 104
Gesamt zurückgelegte Kilometer: 4374
Tages-Fahrzeit :4:59 h
Gesamte Fahrzeit: 228:06 h
Durchschnittsgeschwindigkeit: 20,9 km/h
Tageshöhenmeter: 1523
Gesamt Höhenmeter: 48723
Maximale Steigung 13%
Maximalpuls: 160
Durschnittliche Pulsfrequenz: 130


Eine halbe Stunde früher als geplant geht es Richtung Stornoway, denn die 11 Kilometer von gestern muss ich noch zum geplanten Weg dazuaddieren, und es gilt die Mittagsfähre nach Ullapool zurück aufs Festland zu erreichen.


Der Wind hat nicht gedreht, und kommt weiterhin hauptsächlich aus westlicher Richtung, so dass das Fahren Richtung nord/nordost sehr gut geht. Erste Herausforderung ist der Clisham , der mit seinen Hügelkumpanen Harris von Lewis trennt. Aber alles halb so schlimm, so knapp zwei Kilometer bei ca. 12% und dann fährt man eine Weile auf einer Art Hochebene bevor es wieder hinunter geht.




Dabei bieten sich herrliche Ausblicke, vor allem wenn die Sonne kurz durchkommt. Es regnet zwischendurch immer mal ein bisschen, aber nie sehr stark.


Ist der Clisham erst mal überwunden geht es teils flach, teils moderat hügelig bis Stornoway. Die Landschaft auf Lewis ist recht verschieden von Harris, nicht spektakulär aber interessant anzuschauen, und vor allem klasse zum Fahren.


So erreiche ich die Fähre locker und kann auf der über zweieinhalbstündigen Überfahrt das Reisetagebuch für den gestrigen Tag schreiben.

Stornoway Hafen:

Nur ein Übung...

Ullapool ist ein ganz nettes Städtchen, aber auch wenn es mittlerweile schon fünf Uhr ist, will ich auf jeden Fall noch eine Stunde fahren.


Nachdem es die letzten Tage immer sehr knapp war mit der Unterkunft und Richtung Norden erst mal kein größerer Ort kommt ist das ein wenig gepokert, aber Angst ist immer ein schlechter Berater, deshalb fahre ich einfach drauf los und schaue mal was passiert.

Die folgenden Kilometer sind genau so, wie ich mir die Highlands vorgestellt habe, fantastische Berge und Täler, fahren am Berg oder im Tal, mit ordentlichen Steigungen und Abfahrten, die Wolken hängen an den Bergspitzen und erzeugen eine leicht düstere, spektakuläre Atmosphäre, ab und zu regnet es etwas, absolutely amazing!







Nach ca. dreißig Kilometern ist auf der Karte ein Ort eingezeichnet, wie sich herausstellt, ist Ledmore allerdings nichts weiter wie der Name der Kreuzung. Anyway, an der Kreuzung steht ein Schild, „Motel 1,5 Miles“, leider in die falsche Richtung. So fahre ich weiter nach Norden, bis ich einsehe, dass Ledmore tatsächlich nicht mehr als das Schild zu sein scheint, und hier nur Berge sind. Da es mittlerweile nur noch 6° sind, will ich doch nicht zu hoch pokern und fahre die zwei Kilometer wieder zurück und zum ausgeschilderten Motel.

Um es kurz zu machen, mitten im Nichts gibt es hier eine Unterkunft, mit einem leicht „freundlich verrückten“ Landlord, der nichtsdestotrotz sehr geschäftstüchtig ist. Und nebenan ein Pub, wo es was zu essen gibt.
Die Rotweinsoße der Lammkeule versetzt mich einen Zustand, den ich sonst eher von der BT Weihnachtsfeier nachts um zwei kenne. Und ich schaffe es gerade noch in mein etwas karges Zimmer und ins Bett...